Zusammenfassung

Esaias Compenius d. Ä. hat in der evangelischen Pfarrkirche St. Martini zu Kroppenstedt zwischen 1603 und 1613 eine bedeutende Orgel mit 21 Registern in Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal erbaut, von der sehr wahrscheinlich folgende Register erhalten sind: Gedackt 8´, Singend Gedackt 8´ (die ehemalige Quintadena), Rohrflöte 4´ und sehr wahrscheinlich auch Spitzflöte 2´ (vermutlich das ehemalige Gemshorn 2´). Auch der wertvolle alte Prospekt ist in umgebauter Form erhalten.
Dieser Orgelbau hat zehn Jahre gedauert, was sehr viel Ärger verursachte.
Die Verzögerung war aber hauptsächlich dadurch bedingt, dass Esaias Compenius während dieser Zeit auch eine Orgel für den Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel im Schloss Hessen zu erbauen hatte. Diese Orgel steht seit 1616 im Schloss Frederiksborg bei Kopenhagen, wo sie Compenius selbst aufgestellt hat. Sie ist das einzige vollständig erhaltene Instrument von Esaias Compenius.

Man betrachtete früher die Orgeln nicht als musikalische und architektonische Denkmäler, sondern nur als Musik-Werkzeuge, die man nach den jeweiligen Stilvorstellungen beliebig verändern konnte. Solche Änderungen waren das Schicksal vieler historischer Orgeln. Heute denken wir anders darüber. Die Orgel in Kroppenstedt ist ein Beispiel dafür, wie früher verschiedene Generationen in ihren unterschiedlichen Klangvorstellungen mit einem historischen Instrument umgegangen sind.

Die Kroppenstedter Compenius-Orgel ist nicht original erhalten. Einen Orgel-Neubau im romantischen Sinn hat 1858/59 Adolf Reubke unter Verwendung alter Register durchgeführt, wobei der Compenius-Prospekt verbreitert wurde. 1957/58 erfolgte eine Umdisponierung im neobarocken Stil durch Wilhelm Sohnle. Das heutige Instrument in Kroppenstedt ist also eine "aufgehellte" Reubke-Orgel von 1859 mit sehr wahrscheinlich vier erhaltenen Registern hinter dem verbreiterten alten Compenius-Prospekt.
Eine Rekonstruktion der Compenius-Orgel ist zur Zeit nicht möglich, da zahlreiche andere wichtige Aufgaben in Kroppenstedt vorrangig sind. Meiner Meinung nach wäre eine Rekonstruktion in Zukunft wünschenswert, damit die einzigen in Deutschland erhaltenen Orgelregister von Esaias Compenius wieder in einer adäquaten Klanggestalt erklingen könnten.

Die Kroppenstedter Reubke-Register von 1858 besitzen jedoch ebenfalls Denkmalswert. Da sie "weder organisch noch konstruktiv" mit dem Compenius-Prospekt in Kroppenstedt verbunden sind, wie Mads Kjersgaard herausstellt, könnten sie an einem anderen Ort entsprechend verwendet werden.

Von Adolph Reubke ist ebenfalls nur eine Orgel erhalten: in Benneckenstein im Harz, die 1997 restauriert worden ist.

Aus dem Buch "Die Compenius-Orgel zu Kroppenstedt" von Gottfried Rehm

 

 

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