Geschichtliches über
Kroppenstedt
Kroppenstedt
(früher auch "Croppenstedt" geschrieben) ist eine
alte Siedlung, deren Ursprung nicht bekannt ist. Auch die Bedeutung
des Ortsnamens ist ungeklärt; eine Theorie besagt, dass
der Ortsname als Siedlung eines "Crope(rt)" zu deuten
sei.
Der Ort hat bereits 934 bestanden, als hier ein Graf Siegfried von König
Heinrich I. mit Gütern belehnt wurde. Allerdings vermachte Siegfried
bereits 936 seine Besitzungen dem Kloster Corvey. 1253 kam Kroppenstedt
in die Advokatie des Bistums Halberstadt. Kroppenstedt gehörte dann
jahrhundertelang kirchlich und politisch zum Bistum Halberstadt. (1)
Das Bistum Halberstadt, 820 gegründet, hatte 993 von Kaiser Otto
I. das "Blut- und Heerbannrecht" erhalten, also das Recht über
Leben und Tod seiner Untertanen, und das Recht, ein Heer aufzubieten.
Weitere landesherrliche Hoheitsrechte erhielten die Bischöfe von
Halberstadt 1220;
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dadurch
besaßen sie (wie damals alle
deutschen geistlichen Fürsten)
auch die weltliche Herrschaft über Land und Leute. In der Kulturgeschichte
von Halberstadt hatten auch Orgelbau und Orgelspiel eine große
Bedeutung.
Kroppenstedt
erhielt 1253 die Stadtrechte verliehen. Das Stadtwappen zeigt St.
Martin zu Pferd. Die Verleihung des Martins-Patronats an die Pfarrei
im Jahre
1207 (anscheinend anstelle eines früheren Stephans-Patronats)
könnte mit der Übertragung des Reiterdienstes an Kroppenstedt
zusammenhängen.
Wie im Vorwort erwähnt, war dieser Dienst eine Besonderheit: Vom Landesherrn
wurden an verschiedene Bauern in Kroppenstedt bestimmte Ländereien
als Lehen vergeben; dafür hatte jeder Bauer, der über 6 Hufen
Land als Eigentum oder Lehen besaß (eine Hufe waren etwa 25 Morgen
Land), ein Reitpferd und einen Reiter zu stellen. Diese Reiterbauern waren
weitgehend von Abgaben und Frondiensten befreit. Der jeweilige Bürgermeister
war der Rittmeister dieser Truppe. Im 16. und 17. Jahrhundert gehörten
dieser Garde 28 Reiter an. Sie trugen Uniformen, waren bewaffnet und hatten
dem Landesherrn verschiedene Dienste zu leisten: z. B. Straßen- und
Grenzschutz zu gewährleisten, fürstliches Geleit zu bieten und "wenn
hohe Herrschaften sich auf dem benachbarten Schlosse Gröningen einfanden,
die Schloßwache und andere vorfallende Exekuzionen" zu übernehmen.
Während dieser Dienste wurden vom Landesherrn Futter für die
Pferde und Verpflegung für die Mannschaft gestellt, ferner zu Weihnachten
und Pfingsten Freibier aus dem städtischen Brauhaus. Wegen des fürstlichen
Reiterdienstes galten die Mitglieder des Kroppenstedter Stadtrates als "ritterlich" und
durften an den Landtagen mit Stimmrecht teilnehmen.
Als Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg-Preußen ein ständiges
Heer aufbaute, wurde 1727 eine stehende Garnison von Cürassieren nach
Croppenstedt verlegt. Damit endete der Reiterdienst der Kroppenstedter
Bauern. Die Reithufen-Lehen fielen nicht an den Landesherrn, sondern verblieben
dem Ort als gemeinnützige Stiftung.
Ursprünglich hatte auch die Kirchengemeinde einen reichen Ackerbesitz
als Reithufen-Lehen, die aber gegen einen jährlichen Grundzins
an die Stadt abgegeben wurden. (2)
Der Stadtrat in Kroppenstedt besaß seit Jahrhunderten das Recht,
den Bürgermeister und die Rats-Mitglieder zu wählen. Ihm stand
auch die niedere Gerichtsbarkeit über die Bürger zu, also das
Recht, kleinere Vergehen abzuurteilen. Von diesem Gerichtsrecht und weiteren
städtischen Freiheiten zeugt heute noch das Freikreuz auf dem
Markptplatz.
Eine wichtige Rolle für das Bistum Halberstadt und die ganze Region
spielte Heinrich Julius von Braunschweig (1564-1613). Er war 1566 noch
als Kind zum Bischof von Halberstadt gewählt worden, und 1589 wurde
er Herzog von Braunschweig. Dadurch war er Landesherr zweier Gebiete: des
Bistums Halberstadt und des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel.
In zweiter Ehe war er mit Elisabeth, der Schwester des dänischen Königs
Christian IV., verheiratet und residierte abwechselnd in Wolfenbüttel
und Gröningen. Heinrich Julius hat im Bistum Halberstadt die Reformation
eingeführt.
Bei seinen Nachfolgern hatte das geistliche Amt keine Bedeutung mehr;
die Bischöfe waren nur noch weltliche Herrscher ("Administratoren")
des Bistumsgebietes Halberstadt. Drei Söhne von Heinrich Julius folgten
ihm nacheinander als Bischöfe von Halberstadt nach, jedoch nicht als
Herzöge von Braunschweig: Heinrich-Karl, Rudolf und Christian (1599-1626).
Letzterer wurde "der tolle Christian" oder "der tolle Halberstädter" genannt,
der wegen seiner Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg
eine traurige Berühmtheit erlangt hat.
Wie 1564 aus einem Verzeichnis des Bistums Halberstadt hervorgeht,
gehörte
damals Kroppenstedt verwaltungsmäßig zum Halberstädter
Amtsbezirk Gröningen. In der Blütezeit Kroppenstedts im 16/17.
Jahrhundert hatte der Ort etwa 4000 Einwohner.
Das Bistumsgebiet Halberstadt wurde beim Westfälischen Frieden 1648
dem Kurfürstentum Brandenburg einverleibt - als Entschädigung
für verlorene brandenburgische Rechte in Vorpommern. Zwischen 1807
und 1813 gehörten die Gebiete westlich der Elbe, somit auch Halberstadt
und Kroppenstedt, zum napoleonischen Königreich Westfalen. (3)
Vor der Reformation gab es in Kroppenstedt drei Kirchen: die heutige
Martinskirche, dann eine Marien- und eine Andreaskirche. Die Marienkirche "Unserer
Lieben Frauen" war die Kirche der Kalandsbruderschaft, die sich unter
anderem für alte und arme Menschen einsetzte. Diese Kirche ist nach
einem Brand 1463 nicht mehr aufgebaut worden. Auch die Andreaskirche, die
außerhalb der Stadtmauern lag, besteht seit Jahrhunderten nicht
mehr.
Die heutige evangelische Kirche St. Martini besitzt in ihrem Grundbestand
romanische Bauelemente; sie wurde in der Zeit der Gotik, der Renaissance
und des Barock mehrmals umgebaut und erweitert. Auch sie war durch
den Brand von 1463 stark geschädigt worden. Über ihren Wiederaufbau
heißt es in einer Chronik: "Da die leibliche Not der Bürger
so groß war und dieser erst abgeholfen werden mußte, so vergingen
viele Jahre, ehe sie dazu kommen konnten, an die Herstellung der verwüsteten
Altäre zu denken". Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus
als dreischiffige Halle neu gebaut. 1593 begann man mit dem Anbau des südlichen
Seitenschiffes, das nun drei Renaissance-Giebel aufweist, und 1616 wurde
das breite Nord-Seitenschiff vollendet. Somit weist das Kirchengebäude
heute mehrere Baustile auf. Zweifellos wollte der damalige Stadtrat ein
großes, beachtliches Kirchengebäude schaffen.
1593 entstand der dreigeschossige Altar mit seinem reichem barocken
Schnitzwerk. 1607 kam noch eine neue Glocke hinzu. Der Bau einer neuen
Orgel vervollständigte
dann die Reihe der verschiedenen Erneuerungen.
Diese Orgel, die Esaias Compenius d. Ä. 1603-13 erbaut hat, ist
nicht original erhalten. Es sind nur vier Register und der wertvolle
Prospekt
in umgebauter Form auf uns gekommen.
Es ist ein Glücksfall, dass der Briefwechsel zwischen dem Orgelbauer
Esaias Compenius d. Ä. und dem Stadtrat von Kroppenstedt im Stadtarchiv
erhalten ist. Er bildet eine reiche Quelle für die Erforschung
des schwierigen und langwierigen Orgelbaus. (4)
Aus dem Buch "Die
Compenius-Orgel zu Kroppenstedt" von Gottfried
Rehm
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